Mitwirkende Moderation: Anja Wedig Gast: Oliver Hasemann
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Die okkulte Geschichte einer maritimen StadtDie Bierverkostung in der belgischen Bahnhofsgastronomie zu rühmen, ist schon ein kühnes Unterfangen. Zumal wenn man aus Bremen kommt, in Bremen wohnt und arbeitet. Aber aus vormals bremischem und derzeit belgischem dürfte, so pfeifen’s die Spatzen von den Dächern, alsbald amerikanisches Bier werden. Prost! Wider besseres Wissen viel zu lange in Kneipen oder auf Feiern zu verweilen, zählt
Oliver Hasemann zu seinen Lastern. Letztere sind also (unschönes Wort, klar!) reichlich niedrigschwellig. Wie auch der Kulturbegriff des diplomierten Raumplaners: „Kultur ist für mich, wenn ich morgens aus der Tür komme und mich mein Nachbar grüßt.“
Und so kann er denn losgehen, der Tag. Seine Schritte führen den Stadtdenker, Jahrgang 1975, dorthin, wo früher Hafen war. Er ist eines der drei Ausrufezeichen der jüngeren hanseatischen Urbanisten-Szene. Gemeinsam mit Daniel Schnier und Alexander Kutsch gründete Hasemann das Autonome Architektur Atelier (AAA). Seit einigen Wochen residiert es im ehemaligen Zollamt des Überseehafens. Weil ändern schlief – um einmal den stadtplanerischsten Plattentitel der jüngeren deutschen Popgeschichte zu zitieren (brauchen Sie nicht nachgucken: Stammt von Schorsch Kamerun). Weil ändern also schlief, entstand die Idee der
Zwischennutzung.
Doch zurück nach Belgien. Über dieses aus Zug oder Auto stets etwas irreal wirkende Land „weiß man wenig, obwohl es mitten in Europa liegt und Schauplatz unheimlich vieler historischer Geschehnisse und Entwicklungen war.“ Mit einem ähnlich wohl- und wissenwollenden Blick betrachtet Hasemann auch Bremen. „Ich wünsche mir, dass es so bleibt, wie es ist – und sich weiter wandelt“, sagt er. Nur scheinbar ein Widerspruch. Denn die urbanen Spaziergänge der drei A führen zu Ecken, Winkeln und Schattenseiten der Stadt. Und ergeben im Gehen, Schauen und Erzählen Bruchstücke einer okkulten oder ephemere Stadtgeschichte – jenseits (oder vielleicht doch besser: diesseits) von Roland, Rathaus und Weserstadion. War- und Wandelzeichen inklusive.
Noch ein wenig handfester geht es beim Nachdenken darüber, was (diese) Stadt (auch) sein könnte, zu, wenn AAA (gemeinsam mit anderen) Überraschendes aus dem Boden stapfen: Die teneveraner Raumnutzungsalternative
„Sproutbau“ im vergangenen Jahr etwa – oder die
„Brache als lebendiges Dorf“ (b.a.l.d.), die in der ersten Juliwoche ein ungenutzt da liegendes Areal in der Überseestadt belebt. Beides gedacht auch als Handreichung – die man nur entgegen nehmen muss. In diesem Dorf auf Zeit nimmt Oliver Hasemann also momentan seinen Frühstückstee. Vielleicht findet sich auch jemand, der ihm die Cricket-Regeln praktisch erklärt. Platz genug wär ja.
Wo man der Stadt die schönsten Geheimnisse entlockt, wie man das (und anderes) dann erzählt und was der Fernsehsport mit all dem zu tun hat, erzählt Oliver Hasemann am kommenden Sonnabend beim Radiofrühstück in der Schwankhalle. Zwischen 11 und 13 Uhr ist er bei Moderatorin Anja Wedig zu Gast. Live zu hören auf UKW 92,5 oder per Stream und Podcast unter
www.kulturkoepfe.de text: (tsc) KULTURG.U.T. e.V.