Mittwoch, 30. Oktober 2013

Resumée und Dokumentation "(Öko)Dorf2 - Grüner wirds nicht!"






Zu unserem dritten und letzten Urbanen ÖkoStadtSpaziergang im Jahre 2013 konnten wir am Sonntag, den 20.10.2013 bei bestem Herbstwetter zirka 40 BesucherInnen in Lilienthal-Moorhausen begrüßen. Erstmals jenseits der Bremer Landesgrenzen spürten wir hier dem Wohnen im Grünen nach. Einen Vorgeschmack hierauf hatte uns die Fahrt mit Straßenbahn und Bus über Borgfeld nach Lilienthal gegeben, die schon kurzzeitig durch das grüne Umland Bremens führte.
Was uns an unserem Treffpunkt direkt ins Auge stach, war allerdings, dass die vormals ländlich geprägte Gemeinde Lilienthal dies nur noch in Rudimenten ist. Entlang der Hauptstraßen breitet sich inzwischen ein suburbanisierter Vorort aus. Die Verlängerung der Straßenbahnlinie 4 bis nach Lilienthal-Falkenberg leistet dieser Entwicklung noch Vorschub, links und rechts der Trasse entstehen immer weitere Einfamilienhäuser und sogenannte Stadtvillen. Die noch vorhandenen Hofstellen verschwinden zunehmend hinter diesen und gehen im Meer der zeitgenössischen Neubauten verloren. Verbunden ist diese Entwicklung mit einer steigenden Rate der Pendlerinnen und Pendler, so pendeln momentan 53% der berufstätigen Lilienthalerinnen und Lilienthaler nach Bremen ein. Vielfach noch mit dem Automobil, aber auch schon mit dem ÖPNV oder über der Jan-Reiners Fahrradweg. Dieser läuft entlang der Trasse der alten Moorbahn zwischen Bremen und Tarmstedt, die quasi einen Vorläufer der Straßenbahnverbindung darstellt.
Wie auf dem Urbanen Spaziergang durch Horn-Lehe kreuzten wir auf unserem Weg in Richtung des Ökodorfs diese Trasse erneut. Unser Weg führte dabei über die alten Dorfstraßen, an denen hochgewachsene Eichen und gelegentliche Bauernhöfe auf den alten Charakter des Dorfes hinwiesen. Die dazwischen gelegenen Reihen- und Einfamilienhäuser hingegen zeigten die Phase des ersten größeren Bevölkerungswachstums Lilienthals in den Nachkriegsjahren an. Die Schaffung von Wohnräumen für Kriegsflüchtlinge und später die steigende Mobilität in den 60er und 70er Jahren führten zu einem starken Anstieg der Einwohnerzahlen Lilienthals. Mit der Gemeindereform von 1974 stieg über die Eingemeindung der benachbarten die Bevölkerung schließlich auf über 17.000 Einwohner. Relativ neue BewohnerInnen haben sich seit Mitte der 90er Jahre in Lilienthal ein Zuhause geschaffen.
Am Ende der Straße Ossenhöfe wurden wir von Peter Faulde und Brigitte Olk-Koopmann aus der Ökosiedlung Lilienthal in Empfang genommen. Als langjährige BewohnerInnen der Siedlung und Peter Faulde als einer der Initiatoren, konnten sie uns einen breiten Eindruck von der Entstehungsgeschichte, von der technischen Umsetzung und vom Zusammenleben im Ökodorf geben. Die Geschichte begann dabei in den frühen 90er Jahren mit einer Gruppe von Interessierten, die ökologisch gemeinsam wohnen wollten und sich in Bremen und umzu auf die Suche nach einem geeigneten Areal für den Bau einer Ökosiedlung machten. Diese gestaltete sich im Bremer Stadtgebiet nicht direkt erfolgreich, ein Areal in Huchting wurde verworfen. Es wurde aber auch im niedersächsischen Umland gesucht und Lilienthal schließlich als geeigneter Standort gefunden. Hier gab es sowohl eine gute Infrastruktur vor Ort, eine gute Anbindung nach Bremen und akzeptable Grundstückspreise. Und vor allem zeigte sich der Rat der Gemeinde dem Konzept der Ökosiedlung gegenüber sehr aufgeschlossen und kam den Gestaltungswünschen der „Siedler“ entgegen mit einem Grundstück, das vom Ökodorf über mehrere Jahre entwickelt werden konnte. Rund um das Kerngehäuse der Gründermütter und -väter des Dorfes, mit geteiltem Innenhof und Gemeinschaftswohnung wuchs das Ökodorf in den vergangenen Jahren auf 100 BewohnerInnen. Gemeinsam bewirtschaften sie ihr eigenes Grabeland hinter dem Dorf oder treffen sich zu gemeinsamen Aktivitäten wie einer Philosophiegruppe, die auch für Nachbarinnen aus Lilienthal offenstehen. Ganz günstig ist das Wohnen im Ökodorf nicht, die Wohnungen und Häuser sind allerdings hoch beliebt und gehen schnell unter der Hand weg.

Am Ende dieses Spaziergangs bleibt als Resumée für das Wohnen im Grünen hängen, dass im Grünen wohnen nicht gleich „grünem“ Wohnen ist. Grün bildet einen attraktiven Standortfaktor und steht für den Kontrast zum Grau der Stadt. Der Zugang zu Grün kann sehr exklusiv sein, insbesondere wenn er gleichzeitig mit dem Zugang zu urbanen Angeboten verbunden ist. Weniger betuchten bleiben dann „nur“ die öffentlichen Grünflächen. Im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung, die zur Verkürzung von Infrastrukturen auf eine Nachverdichtung der Stadt setzt, bleibt entgegenzusetzen, dass dieser Zugang zu Grünflächen erhalten werden muss. Alternative Wohnformen mit der Familie auf der Grünen Wiese sind finanziell für den Moment attraktiv, allerdings stellt der laufende Demografische Wandel auch die Nachhaltigkeit des Hauses im Grünen in Frage.
Wir danken allen TeilnehmerInnen, die uns über die Urbanen Spaziergänge und Zeit begleitet und die Diskussionen bereichert haben. Großer Dank gilt von unserer Stelle Herrn Peter Brodersen und Herrn Heiko Franke von ÖkoStadt Bremen e.V., ebenso Peter Faulde und Brigitte Olk-Koopmann aus dem Ökodorf, sowie dem Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Wir hoffen auf eine Fortsetzung der Urbanen ÖkoStadtSpaziergänge im Jahre 2014.

Nächster Urbaner Spaziergang des AAA am Sonntag, den 10.11.2013 um 14.00Uhr an der Städtischen Galerie Delmenhorst Haus Coburg, Fischerstr. 30, 27749 Delmenhorst in Kooperation mit Copartikel.

Montag, 7. Oktober 2013

Urbaner Spaziergang "(Öko)dorf2 - Grüner wirds nicht!" am Sonntag, den 20.10.2013 um 14:00Uhr



Hinter Borgfeld verläuft die Bremer Stadtgrenze. Der Blick fällt in eine grüne Weite aus Feldern und Wiesen. Alles Städtische kann hier abgelegt werden. Die Straße führt über die Wümmebrücke in das alte Dorf Lilienthal. Die Giebel der alten Bauernhöfe sind noch aus dem umgebenden Meer der neuen Einfamilienhäuser auszumachen, hohe Bäume zeigen die historischen Straßen und Feldgrenzen in Lilienthal auf. In der alten Hauptstraße glänzen allerdings seit Neuestem Straßenbahnschienen und entlang der Nebenstraßen entstehen zeitgenössische weiß verklinkerte Stadtvillen. Unser dritter Urbaner ÖkoStadtspaziergang führt uns auf der Suche nach dem Wohnen im Grünen aus Bremen hinaus. Mitten im Ort findet sich hier seit über 15 Jahren ein Ökodorf, die „ökologische Siedlung Lilienthal“. Auf den ersten Blick ein Anachronismus, wird doch das Dorfleben mit einer Nähe zur Natur gleichgesetzt. Auf den zweiten Blick entdecken wir, dass Wohnen im Grünen und „grünes“ Wohnen zwei sehr unterschiedliche Dinge sind.

Der Urbane Spaziergang ist kostenlos. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen! AAA

Treffpunkt: Bushaltestelle Moorhausen, Lilienthal, Buslinie 30 ab Borgfeld, 14:00Uhr, Sonntag, den 20.10.2013

Mit freundlicher Unterstützung des Senator für Umwelt, Bau, Verkehr in enger Kooperation mit ÖkoStadt-Bremen e.V.
AAA Autonomes Architektur Atelier in Bremen
Titel: Daniel Schnier und Oliver Hasemann, Text: Oliver Hasemann, Gestaltung und Fotografien: Daniel Schnier