Montag, 31. März 2014

Dokumentation und Resümee "Neuen Zinnen aus alten Schlössern - eine Zeitreise über alte Dorfwege"





Die Straßenbahnhaltestelle Sebaldsbrück - Endstation der Linien 2 und 10 – war Startpunkt des, in Kooperation mit Bauraum Bremen e.V. und dem Energiekonsens veranstalteten, Urbanen Spaziergangs durch den Stadtteil Hemelingen. Dort konnten wir geschätzte 50 Frauen, Männer, Kinder und Hunde begrüßen, mit denen wir uns in Richtung Mercedes-Benz-Werk in Bewegung setzten. Leider war die Wahl des Treffpunkts etwas uneindeutig, so dass einige TeilnehmerInnen uns leider am Bahnhof Sebaldsbrück verpassten.
Am Gedenkstein des letzten, original bremischen Automobilbauers Carl F. W. Borgward vorbei führte uns der Weg unter die Sebaldsbrücker Heerstraße. Diese wurde nach dem Kauf der ehemaligen Borgward Werke für die Erweiterung der Produktionsanlagen des Mercedes Benz Werkes in das Holter Feld zur Brücke aufgestockt.
Der Weg führte weiter durch die Schleife der Mercedesstraße vor die Tore von STN „Atlas Elektronik“. Das Unternehmen wurde 2006 zu fast gleichen Teilen von ThyssenKrupp und EADS gekauft und ist seit seiner Gründung Ausrüster von Über- und Unterwasser-Marinetechnik und auf dessen militärischen Einsatz spezialisiert. Dies führte zu einer kritischen Diskussion über die Verwicklungen zwischen Rüstungsindustrie und Arbeitsplätzen, der Unterstützung von Studiengängen durch diese Unternehmen und der Anzahl von Wehrdienstverweigerern in diesen Unternehmen.
Den etwas gewöhnungsbedürftigen Geruch von der Entkoffeinierungsanlage in der Nase, passieren wir die Ortsgrenze zwischen Sebaldsbrück und Hemelingen auf der Brücke über die Eisenbahn am Brüggeweg. Das Gleisbett unter uns gehört zur historischen ersten Bahnanbindung Bremens nach Hannover 1847, die den Beginn der Industrialisierung im ehemals hannoverschen Hemelingen einläutete. Auf Vorläufer in der Nachbarschaft geht denn auch die Rheinmetall Defence AG, ein europäisches Top10 Rüstungsunternehmen, am Brüggeweg zurück.
Bis vor wenigen Jahren floss noch dichter Verkehr über den Brüggeweg zum Mercedes-Benz-Werk, inzwischen ist dieser Verkehr unter die Erde der ehemaligen Industriebrache verlegt. Anrainer dieser Brache ist auch ein netter Mann mit Dackel auf dem Arm, vor dessen Haus wir - für ihn scheinbar überraschend – den nächsten Halt machen. Das Bremer Haus in der Diedrich-Wilkens-Straße ist sichtlich in die Jahre gekommen, gleichzeitig allerdings um einiges charmanter als die frisch gedämmt, verputzt, eben schnell mal modernisierte Fassade von nebenan.
Wir nehmen Abschied von Haus und Hund, und gehen weiter in Richtung ehemaligem Nordmende-Gelände. Nach dem Tunnelbau liegt hier ein Großteil der Industriebrache noch ungenutzt, im wesentlich haben ihn Hundebesitzer in Beschlag genommen. Trotz seiner Lage an der Bahn bietet er allerdings ein Potential für eine neue Wohnbebauung. Auf einer Teilfläche ist inzwischen der „Tamra-Hemelingen“ Park entstanden. Mit angestoßen wurden einige der Elemente auf dem Parkareal durch die temporäre Bespielung des Ortes im Sommer 2011 mit dem Kulturprojekt „AllerOrt“.
Weiter geht’s an der katholischen St. Godehard Kirche vorbei ins kulturelle Zentrum von Hemelingen. Mit dem Bürgerhaus, dem Haus für unsere Freundschaft e.V., der Schule 21 e.V. und dem Kubiko stehen hier auf engem Raum verschiedenen Kultureinrichtungen, die HemelingerInnen jeden Alters und jeder Herkunft ansprechen. Nur ein Katzensprung ist es von hier zum Hemelinger Marktplatz. In unmittelbarer Nähe der Hemelinger Bahnhofstraße, erster Adresse für den Einzelhandel in Hemelingen, findet sich hier ein zentraler Platz mit Blick auf die Traditionsmanufaktur von Wilkens Silberwaren. An der Hemelinger Bahnhofstraße, die sich nach einigen Jahren der Lethargie wieder im Aufschwung befindet, sehen wir den SoFa e.V. aus Achim, der mit einer Graffiti-Kunst-Atelier-Dependance "Sebaldsbrooklyn" in den Schlecker-Leerstand eingezogen.
Schon in Sichtweite stapeln sich in zweiter Reihe gelb-rote Coca-Cola-Kisten und markieren den Übergang ins Gewerbegebiet an der Bahnstrecke nach Osnabrück. An diesem Sonntag lässt sich allerdings kaum vorstellen, wie lebendig die Produktion hier unter der Woche ist. Es wird aber in jedem Fall ruhiger werden, denn die Großfleischerei Könecke wird ihren Sitz schließen und die Produktion nach Delmenhorst verlagern, bzw. hat dies in großen Teilen schon getan, so dass sich der Stadtplanung und der lokalen Politik die Frage nach der weiteren Gestaltung dieses Areals stellt.
Über den Alten Postweg verlassen wir Würstchen und Zuckerwasserbrause und gelangen, durch einen charmanten Tunnel mit Kopfsteinpflaster, erstmals auf dieser Route in eine reine Wohnsiedlung. Es ist sehr ruhig zwischen Hastedts Bremer Häusern. Über eine Baulücke passieren wir die Fassadenfront und bekommen nicht nur einen Eindruck von der Rückseite und den Privatgärten der Anwohnerinnen und Anwohner, sondern finden uns auch auf einem frisch gestalteten Spielplatz wieder.

Zwei Ecken weiter und zweieinnhalb Stunden später halten wir ein letztes Mal und bedanken uns für das große Interesse, bevor wir auch die Letzten an die naheliegende Eisdiele in der Föhrenstraße verloren haben.
          
Vielen lieben Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Großen Dank auch an (c) Moritz Trautner für die super Fotografien. Der nächste Urbane Spaziergang „Neue Zinnen auf alten Schlössern – eine Zeitreise über alte Dorfwege“ findet am Sonntag, den 18.05.2014 um 14Uhr statt. Treffpunkt von BREMER MODERNISIEREN ON TOUR: Urbaner Spaziergang  in Findorff, So, 18.05.2014,
14 – 16 Uhr Treffpunkt: Torfkanalhafen in Findorff : Die Teilnahme ist kostenfrei und ohne Anmeldung!

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