Dienstag, 17. Februar 2009

"Stadtteil ohne Dämmung?" Dokumentation und Resumee vom 17.02.2009










Resumée Urbaner Spaziergang "Stadtteil ohne Dämmung"

Bei konstantem Schneegrieselschauern fanden sich zum ersten Urbanen Spaziergang des AAA im Bremer Norden ca. 50 TeilnehmerInnen ein. Obwohl der Treffpunkt an der Bahnhaltestelle Mühlenstraße nur 40 bequeme Zugminuten vom Hauptbahnhof entfernt ist, überwogen doch die BlumenthalerInnen. Der Weg durch die Mühlenstraße hin zum Marktplatz an vielen leerstehenden Ladenlokalen vorbei brachte dann auch gleich ein heißes Diskussionsthema hervor. Wie kann mit diesen Leerständen umgegangen werden und welche Rolle müssen Politik und Verwaltung spielen, um eine Revitalisierung zu beschleunigen.

Neben der offensichtlichen Problematik leerstehender Geschäfte und Häuser fielen gleichzeitig auch immer wieder die Potentiale ins Auge, die der Stadtteil mit seiner historischen Bausubstanz und Bebauungsstruktur, sowie der Lage an der Weser besitzt. Auch wenn die Lage an der Weser, wie auf dem Spaziergang zu erfahren war, noch durch die alten Industrieanlagen der Bremer Wollkämmerei (BWK) und wieder durch die Parkplätze eines neuen Shoppingcenters besetzt sind. Für einen Stadtteil, der auch durch seine Verbundenheit zur Seefahrt geprägt worden ist, bieten sich hier natürlich große Potentiale.

Wie und ob diese Potentiale auch wirklich genutzt werden können, bot vor der Kulisse der alten Fabrikgebäude der BWK einen weiteren Anlass zur Diskussion. Das die Abwanderung der Industrie und mit ihr vieler Tausend Arbeitsplätze aus dem Stadtteil unwiderbringlich ist, steht fest, fraglich ist, wie diese Lücke geschlossen werden kann. Momentan stehen jedenfalls, wie die Bremen Norder mit Bedauern und die Bremen Süder mit Erstaunen feststellen mussten, viele ansprechende Gebäude leer, die beispielsweise in der Überseestadt längst schon mit Lofts und Büros gefüllt worden wären. Den Abschluss fand der Urbane Spaziergang in der Burg Blomendal, wo nach der Vorführung des Films „Leerlauf“ das Gespräch noch einmal auf das Thema Zwischennutzung und kreative Industrien kam, die beispielsweise in Amsterdam oder Leipzig gerade die Leerstände von alten Industriearealen zum Ausgangspunkt einer städtischen Revitalisierung gemacht haben.

Wir freuen uns, dass wir mit unserem Urbanen Spaziergang so viele Leute erreichen konnten und das sich eine so spannende Diskussion mit Beiträgen von vielen verschiedenen TeilnehmerInnen entfacht hat.

Text: Oliver Hasemann, Fotos: Daniel Schnier

WESER KURIER, 17.02.2009

Leerlauf nicht nur im Film
Urbaner Spaziergang mit dem Autonomen Architektur Atelier erfüllt Erwartungen nicht

Blumenthal. Im Eilschritt geht es vom Bahnhof Mühlenstraße durch das Zentrum. Man hastet vorbei an leeren Geschäften, Billig-Läden und schmuddeligen Gebäuden zum Marktplatz. "Wo ist denn hier schöne Architektur?"

Der Fragende meint es rhetorisch. Die Entwicklung in Blumenthal sei doch ein Trauerspiel. Der ältere Herr schimpft auf die Politik, die habe versagt. Mitten auf dem Blumenthaler Marktplatz, im Schneegeriesel bei Temperaturen um den Gefrierpunkt reden sie sich in Rage. "Von der Politik ist das Zentrum als Zentrum aufgegeben worden", kritisiert Dennis Witthus. Für den Sprecher der Einzelhändler-Vereinigung "Blumenthal Aktiv", ist der jüngste Beiratsbeschluss für eine Erweiterung des Blumenthal-Centers ein Schuss vor den Bug all jener, die sich um eine Belebung des Ortskerns bemühen. CDU-Beiratsmitglied Ursula Palme kontert: Der Beirat könne Händlern nicht vorschreiben, wo sie sich ansiedeln sollen. Wenn es einen Kaufmann zum neuen Center ziehe, müsse man dortMöglichkeiten schaffen.

"Das Thema Ortskern brennt hier wohl sehr", stellt Architekt Daniel Schnier fest. 45 Frauen und Männer haben sich um ihn und seinen Kollegen, den Raumplaner Oliver Hasemann, versammelt. Die beiden betreiben im ehemaligen Zollamt Hansator in Utbremen das Autonome Architektur Atelier (AAA) und haben zu einem "urbanen Spaziergang" durch Blumenthal geladen. Seit September 2006 bieten sie Rundgänge durch Stadtteile an. Bremen-Nord mit Blumenthal ist für sie Neuland. Das merkt man beim Gang durch den Ort und über das ehemaligen Wollkämmerei-Gelände. Zwar versteht das Duo seinen "urbanen Spaziergang" nicht als Führung. "Wir wollen kein Wissen vermitteln", sagt Schnier. Ihnen geht es darum, einen Stadtteil als Raum unter verschiedenen Blickwinkeln zu erkunden. Ob es dazu aber reicht, auf den schönen Blick aus der George-Albrecht-Straße auf die Weser hinzuweisen? Für die Blumenthaler im Schlepptau ist das nichts Neues.

Andere Sichtweisen oder gar neue Ideen vermittelt der 90-minütige Rundgang nicht. Manchmal scheint das Duo schlicht schlecht vorbereitet. Woher die ehemaligen Werkmeister-Wohnungen der BWK in der Straße ihren Namen haben, erfährt die Gruppe nicht von ihnen sondern von einem Teilnehmer. Ein alter Hut der Vorschlag für Wohnen am Wasser auf dem ehemaligen BWK-Gelände. Zur zukünftigen Nutzung der BWK-Speicher fällt Schnier ein: "Man sollte nicht nur über Gewerbe nachdenken sondern in einem Workshop auch über andere Ideen." Eigene Anregungen? Fehlanzeige.

Die Teilnehmer hatten mehr vom Spaziergang erwartet. "Das war ein bisschen dünn. Ich hätte mir mehr Erläuterungen zur Architektur gewünscht und auch Vorschläge, was man mit den vorhandenen Gebäuden machen könnte", meint Gerhard Knust. "Ein stadtplanerisches Konzept für Blumenthal" erwartete Ehefrau Dorothea Knust. Der Blumenthaler Werner Ehlers vermisste Fakten und Erklärungen. "Ich hätte mir auch gewünscht, dass eine Perspektive für Blumenthal aufgezeigt wird." Das Fazit von Beiratsmitglied Anke Krohne: "Ein netter Spaziergang, neue Ideen wurden aber nicht präsentiert." Auch der im Anschluss in Haus Blomendal gezeigte Film "Leerlauf" über Leerstände in Blumenthal und anderorts habe nichts Neues gebracht. "Beschrieben wurde der Ist-Zustand, und den kennen wir." Beiratsmitglied Ursula Palme ist "sehr enttäuscht". Sie hoffte auf frische Ideen für die Blumenthaler Probleme durch den Blick von außen - "da kam aber nichts."

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG 17.02.2009, Text und Foto von Gabriela Keller, freie Mitarbeiterin der Bremer Tageszeitungen AG

Samstag, 7. Februar 2009

Urbaner Spaziergang "Stadtteil ohne Dämmung?" und Film "Leerlauf" in der Burg Blomendal am Sonntag, den 15.02.2009 um 14.00Uhr



Das Autonome Architektur Atelier (AAA) lädt am Sonntag, den 15. Februar 2009 zu einem Urbanen Spaziergang durch Blumenthal ein.

Vom Startpunkt an der Bahnhaltestelle (NordWestBahn) Mühlenstraße geht es durch den Stadtkern und die alten Industrieanlagen, die vormals das Leben in Blumenthal prägten und die mittlerweile auf eine Neuinterpretation warten. Das AAA wirft dabei seinen ganz eigenen Blick auf den sich vollziehenden Wandel und lädt alle TeilnehmerInnen des Spaziergangs dazu ein, sich in den Spaziergang einzubringen.

Der Spaziergang beginnt um 14Uhr und die Teilnahme ist kostenlos. Im Anschluss an den Urbanen Spaziergang zeigt das AAA mit Unterstützung des Blumenthaler Heimatvereins e.V. den Film „Leerlauf – entschleunigte Orte in Bremen“, der sich explizit mit Leerständen im Stadtgebiet auseinandersetzt, in der Scheune der alten Burg Blomendal.

Text: Oliver Hasemann, Fotos und Gestaltung: Daniel Schnier