Donnerstag, 23. Februar 2012

Bremer Anzeiger, 12.02.2012: Die verlassenen Häuser der Stadt



Von Matthias Koch
BREMEN. „Leer“ – schon mehr als 130 Mal ist dieser Hinweis auf kleinen roten Schildern an Bremer Gebäuden zu finden. Zumindest virtuell. Dafür sorgt ein neues Internetprojekt des Autonomen Architektur Ateliers, das verlassene Gebäude in Bremen auflistet.
Zu finden ist der Stadtplan der ungenutzten Gebäude auf der Internetplattform www.leerstandsmelder.de. Obwohl erst Anfang Februar gestartet, weist die Bremer Karte mittlerweile schon 132 Einträge auf – und es werden täglich mehr.
Die Idee dahinter: Wer ein leer stehendes Gebäude kennt, kann dies auf der Internetseite vermerken und ein Foto des Hauses dazustellen. Weitere
Nutzer, die Näheres wissen, können die Einträge ergänzen und kommentieren.
Geboren wurde die Idee in Hamburg von einer Initiative im einst vom Abriss bedrohten Hamburger Gängeviertel.
Heute finden sich bereits mehr als 700 verlassene Gebäude im Hamburger Leerstandsmelder.
Jetzt ist das Konzept sozusagen von der Elbe an die Weser geschwappt.
Und wozu das Ganze? „Leerstände können Möglichkeitsräume sein“, heißt es aus dem Autonomen Architektur Atelier (AAA), das die Seite für Bremen betreut. Oder etwas konkreter: Viele Kulturinitiativen und Wohnprojekte würden händeringend nach Räumen für ihre
Ideen suchen, aber oft scheitern, weil es keine entsprechenden Angebote gibt – und das, obwohl viele Gebäude ungenutzt verfallen.
Die Internetseite soll dabei vor allem für Transparenz sorgen: „Es gibt bislang kein stadtweites Leerstandskataster – diese Lücke wollen wir schließen“,
sagt Daniel Schnier vom AAA.Dabei falle auf, das manche den Satz „Eigentum verpflichtet“ offenbar wenig ernst nehmen – und ihre Immobilie verfallen lassen. Dennoch wolle man aber
nicht etwa Besitzer leer stehender Gebäude an den Pranger stellen. „Uns geht es in erster Linie darum, Diskussionen anzuregen.“
Wenn daraus dann tatsächlich neue Ideen für Zwischen- oder Nachnutzungen folgen sollten, sei das ein positiver Nebeneffekt. „Letztlich aber wollen wir vor allem ein Informationsforum bieten und zwar sowohl für Leute, die sagen ,Mensch, dass da dieses schöne Haus in meiner
Nachbarschaft leer steht, tut mir richtig weh‘, als auch für diejenigen, die nach Infos suchen“, sagt Schnier.
Warum steht das Gebäude leer? Gibt es Abriss-Gerüchte oder Pläne für eine neue Nutzung?
Auch Antworten auf derartige Fragen sollen online zusammengetragen werden.
„Im Idealfall entsteht eine Art Schwarmintelligenz, weil die Nutzer ihr Wissen vereinen.“
Erste Beispiele, dass dabei durchaus ausgewogene Informationen zusammenkommen, finden sich bereits: So erfährt man etwa bei einem Klick auf das leer stehende Leffers-Kaufhaus am Brill, dass hier ein Hotelneubau im Gespräch ist. Eine offizielle Bestätigung des Investors gebe es dafür aber noch nicht.
Was am Ende bei dem ganzen Projekt herauskommen soll? „Wir sind selbst sehr gespannt, wie sich das weiter entwickelt“, sagt Schnier.
Dass die Idee allerdings durchaus Potenzial hat, macht schon jetzt das Beispiel Hamburg deutlich: Dort beteiligen sich mittlerweile auch Hausbesitzer wie etwa die städtische Immobilienverwaltung an der Diskussion über die Zukunft leer stehender Gebäude.
(c) Bremer Anzeiger, Mathias Koch

1 Kommentar:

Paul hat gesagt…

Es ist irgendwie komisch zu sehen wie manche Stadtviertel geradezu boomen. Während andere Viertel eben als hip erklärt werden und wo das ganze junge Volk plötzlich hinziehen möchte. Das zieht sich durch ganz Deutschland im Moment!